Brendelsteig – 20. Oktober 2019

Meine erfolgreichen Bergtouren der vergangene Wochenenden hatten mich zu einer weiteren Bergtour motiviert. Lediglich das Wetter für die Berg war der unbestimmte Faktor. Egal, durch die chaotischen Umstände der vergangenen Arbeitswochen musste ich mir einen Ausgleich durch ein Naturerlebnis schaffen.

Infolge des enttäuschenden neuen Event-Klettersteigs zur Lamsenspitz, kam mir die Idee mit dem Brendelsteig und der Überschreitung der drei Ödkarspitzen. Diese Bergtour hatte ich im September 2004 gemeinsam mit Simon mit Übernachtung auf dem Karwendelhaus unternommen gehabt.

Simon und ich im September 2004 auf der westlichen Ödkarspitz
Simon und ich im September 2004 auf der westlichen Ödkarspitz …
Simon und ich im September 2004 auf der mittleren Ödkarspitz
… auf der mittleren Ödkarspitz …
Simon und ich im September 2004 auf der östlichen Ödkarspitz
… und auf der östlichen Ödkarspitz – rechts dahinter die Birkkarspitz

Auch damals sind wir mit dem MTB zum Karwendelhaus rauf geradelt. Im Alter von 12 Jahre waren die 900 Hm mit dem Radl damals eine besonders herausragende Leistung von Simon. Und wie man sieht hatten wir grandioses Wetter. Zudem waren kaum Leut unterwegs. In Erinnerung blieb mir ein sympathischer Bergsteiger, mit dem wir uns zusammengetan hatten und die Überschreitung der drei Ödkarspitzen angegangen waren – folglich gibt es auch Aufnahmen gemeinsam von Simon und mir.

Zurück zu meinem Versuch die Ödkarspitzen am 20. Oktober zu besteigen. Je näher ich bei der Hinfahrt den Bergen kam, um so mehr zog es zu. Der Wetterbericht hatte es ja vorhergesagt gehabt. Nun war ich schon da und hatte zumindest die Hoffnung, dass sich die Sonne noch zeigen könnte. Bei der ersten Rampe ins Johannestal hatte mich zudem meine Schaltung im Stich gelassen. Zum Glück konnte ich mit Justage der Vorspannung das Problem in den Griff bekommen. Ich sagte mir allerdings, dass es nun für eine Inspektion an der Zeit war. Gleich am Montag werde ich mein Klein MTB zu meinem Radlhändler des Vertrauens bringen, dem Funsport in Martinsried. Ich flüsterte mir zu: „Möglicherweise geht diese Saison noch eine Bergtour!“. Diese Hoffnung sollte eine Woche hernach bestätigten werden. Und die Inspektion selbst vorzunehmen – so wie ich es früher tat – dazu hatte ich keine gesteigerte Lust.

Tiefblick in die Johannesschlucht
Tiefblick in die Johannesschlucht

Am Ende dieser ersten Rampe wird der Tiefblick in die Johannesschlucht freigegeben. Nun geht’s fast eben weiter ins Johannestal hinein. Wenn man die neue Forststraße erreicht geht’s wieder leicht bergab. Dann steigt es gleichmäßig an und der erste E-Biker ist aufrecht sitzend entspannt an mir vorbei gezogen. Nach Erreichen einer zweiten Anhöhe geht’s ein weiteres mal, allerdings zum letzten mal, bergab. An einem Aussichtspunkt mit Blick zur Arzklamm und zum Steinfalk traf ich auf einen Mountainbiker ohne E-Antrieb. Sein Plan für diesen Tag war der Lackenkarkopf. Eine Woche zuvor war er noch auf den Ödkarspitzen gewesen. Weiter im Johannestal kamen mir die ersten Zweifel, ob den eine Besteigung der Ödkarspitzen an diesem Wochenende tatsächlich noch möglich wird. Es hatte in der zurückliegenden Woche ausreichend Niederschlag gegeben und dieser ging bis auf eine Höhe von 2.600 Meter als Schnee nieder.

Kleiner Ahornboden mit Kaltwasserkarspitze und Birkkarspitze
Kleiner Ahornboden mit Kaltwasserkarspitze und Birkkarspitze

Bald hatten wir gemeinsam den kleinen Ahornboden erreicht und ich gönnte mir eine erste Trinkpause. Hier trennten sich unsere Wege. Mein Begleiter fuhr ins untere Filztal und mein Anstieg führte die Forststraße Richtung Hochalmsattel hinauf. Ab hier heißt es acht geben, denn die Forststraße wird zunehmend unangenehm steinig.

Oberhalb der scharfen Spitzkehre
Oberhalb der scharfen Spitzkehre mit Hund

Der letzte Anstieg zum Hochalmsattel mit Jochkreuz 1.803 MüN steigt nochmals scharf an. Hier öffnet sich der Blick zum Bäralplsattel, der nördlich vom Wörner weiter zur Hochlandhütte führt.

Auf Hochalmsattel mit Jochkreuz
Auf Hochalmsattel mit Jochkreuz
Blick nach Westen zum Bäralplsattel
Blick nach Westen zum Bäralplsattel

Nun geht’s bis zum Karwendelhaus 1.771 MüN leicht bergab. Die Hüttn war bereits seit ein paar Wochen für den „Winterschlaf“ fertig gemacht. Allerdings verliefen sich hier noch einige E-Biker. Die ersten 900 Hm hat ich hinter mir und ich war froh, vom Sattel steigen zu dürfen.

Nun führt der Steig oberhalb vom Karwendelhaus Richtung Schlauchkar. Auf ca. 1.860 MüN zweigt der Brendelsteig nach Südwesten leicht abwärts ab. Ab hier verlief sich keine andere Menschenseele. Ich war offensichtlich der einzige, der die Idee mit dem Brendelsteig und den Ödkarspitzen aufgegriffen hatte. Nun quert man das lang gezogene Kar unterhalb der Ödkarspitzen.

Brendelsteig mit lang gezogenem Kar unterhalb der Ödkarspitzen
Brendelsteig mit lang gezogenem Kar unterhalb der Ödkarspitzen
Blick nach Osten Richtung Schlauchlkar
Blick nach Osten Richtung Schlauchkar
Nordgrat zur westlichen Ödkarspitze
Nordgrat zur westlichen Ödkarspitze

Sobald die Felswände lichter werden, führt der Steig zum Nordgrat der westlichen Ödkarspitze auf 2.093 MüN hinauf. Langsam kamen mir Zweifel, ob ich die Überschreitung der Ödkarspitzen heute tatsächlich schaffen kann. Es fehlte das wärmende Sonnenlicht und der Wind pfiff in der Höhe deutlich verstärkt. Nach erreichen des Nordgrats wurd’s mir mit meiner kurzen Berghose zu kalt. Also zog ich die Beinlinge über und dann ging’s weiter den Grat hinauf. Der Brendelsteig ist tatsächlich noch ein althergebrachter, schöner Klettersteig ohne viele Eisenstifte und Stahlseile. Der Wind wurde zudem stärker. Als es einen Felskopf westlich zu umgehen galt, lies der Wind nach. Allerdings frischte dieser nach erneutem erreichen des Grats wieder deutlich auf.

Umgehen eines Felskopfs
Umgehen eines Felskopfs

Auf ca. 2.300 MüN öffnete sich der Blick zu den Ödkarspitzen ein mehr. Es lag bereits deutlich mehr Schnee, als ich vermutet hatte. Es war zwar erst 12:30 Uhr aber ich hatte noch alle drei Ödkarspitzen zur Überschreitung vor mir. Zudem hatte sich kein anderer Bergsteiger hierher verlaufen und der Wind nahm an Stärke zu. So entschied ich mich für eine Umkehr. Der Abstieg über den karstigen Grat war bei weitem kein Spaß. Vorsichtig und langsam erreichte ich Punkt 2.093 MüN und war überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Im steilen Abstieg durch die felsigen Wände konnte ich meine Knie mit meinen Stöckn gut entlasten. Nun ging’s die Querung zurück und zügig erreichte ich den Steig zum Schlauchkar.

Vom Schlauchkarsteig Blick zurück zum Brendelsteig
Vom Schlauchkarsteig Blick zurück zum Brendelsteig

Zum Karwendelhaus war es nicht mehr weit, wo ich mir meine wohl verdiente Brotzeit gönnte. Mit der Aussicht auf eine lange Abfahrt mit meinem MTB war der kurze Gegenanstieg zum Hochalmsattel bedeutungslos geworden.

Zurück beim Karwendelhaus mit Ausblick auf eine entspannte Abfahrt
Zurück beim Karwendelhaus mit schönstem MTB der Welt

Am kleinen Ahornboden entdeckte ich mein nächstes Bergziel, den Steinfalk. Der Steinfalk zählt auch zu meinen Lieblingsgipfeln. Kaum besucht, mit wenig Eisen und Stahlseilen gesichert und einem grandiosen Ausblick – im Süden zu den faszinierenden Laliderer Nordwänden. Hoffentlich sollte ich die Bergtour zum Steinfalk noch vor diesem Winter in Angriff nehmen können!

Dr. Harald Klein