Bachfallenferner – 11. März 2022

Wie so oft hatte ich nach ausgiebiger körperlicher Anstrengung die Nacht unruhig geschlafen. Christa sei es ähnlich ergangen. Allerdings fühlte wir uns am Morgen keineswegs unausgeschlafen. Da wir zum Abreisetag unser Zimmer räumen mussten, packten wir alle unsere Hütten-Utensilien wie Hüttenschlafsack, bequeme Hose, etc. zusammen, um sie auf der Hütte zu deponieren. Obwohl wir als erste im Frühstücksraum eintrafen, war mir klar, dass ich es wohl sein werde, der die längste Zeit zum Frühstück brauchen wird.

Gemütliche Stube auf Winnebachseehütte
Gemütliche Stube auf Winnebachseehütte
Christa in der Stube der Winnebachseehütte
Christa in der Stube der Winnebachseehütte
Winnebachseehütte
Winnebachseehütte
Winnebachseehütte mit Massiv des Westlichen Seeblaskogl
Winnebachseehütte mit Massiv des Westlichen Seeblaskogl

Ich hatte für uns den Bachfellenferner bis zur Kühlehnkarscharte vorgesehen. Bald nach verlassen der Hütte sah es danach aus als hätte niemand weiteres diese Tour eingeplant. Der nordseitige Bachfallenferner präsentiert sich für aktuelle Verhältnisse als weiterhin mächtiger Gletscher. Es stimmt fassungslos in welchem Ausmaß die Gletscher seit meinen Skitouren-Anfängen den Rückzug antreten mussten. Dabei kommt mir der Gurgler Ferner in den Sinn, dessen abbrechende Gletscherzunge wir – eine gut gemischte Skitouren-Gruppe mit Werner Bauer, Max Englberger, Georg (Nachname unbekannt) und meiner Wenigkeit – am 3. Mai 1986 über zwei senkrechte ca. 100 Meter lange Eisenleitern umgehen mussten. Diese Gletscherzunge existiert bereits seit Jahrzehnten nicht mehr und der Gurgler Ferner hat sich seither über viele hundert Meter zurückgezogen.

Blick nach Westen kurz hinter der Winnebachseehütte
Blick nach Westen kurz hinter der Winnebachseehütte
Umgehung der Steilstufe zum Winnebachsee
Umgehung der Steilstufe zum Winnebachsee
Blick Richtung Bachfallenkopf und Längentaler Weißenkogl
Blick Richtung Bachfallenkopf und Längentaler Weißenkogl

Die Spur war, wie heutzutage so oft, kaum dem Gelände angepasst, so dass ich uns eine eigene sinnvolle Spur suchte. Zum Bachfallensee hinauf war eine Steilstufe zu überwinden, die wir bequem über den Westhang unterhalb des Seeblasmassivs umgingen. Als „Gegenleistung“ für die Umgehung mussten wir ca. 40 Höhenmeter zum Bachfallensee mit Fellen abfahren.

Bachfallensee mit Bachfallenferner
Bachfallensee mit Bachfallenferner
Bachfallenkopf und Längentaler Weißenkogl
Bachfallenkopf und Längentaler Weißenkogl

Christa hatte weiterhin Probleme mit ihrer Bindung, so dass sie bereits am Bachfallensee die Tour beenden wollte. In jedem wollte ich zumindest bis zum oberen Plateau des Bachfellenferners ansteigen. Inzwischen kamen tatsächlich zwei Skibergsteiger den Bachfellenferner hinunter gefahren und legten von uns gesehen hinter dem Bachfallensee eine Pause ein. Es stellte sich heraus, dass es sich um die beiden sympathischen tschechischen Landsmänner handelte, die am ersten Abend mit uns den Tisch teilten. Die beiden waren wohl die einzigen, die sich mit uns hierher „verirrt“ hatten.

Auf Bachfallensee
Auf Bachfallensee
Gletscherspalte im Bachfallenferner
Gletscherspalte im Bachfallenferner

Flach ansteigend ging es an einer offenen Gletscherspalte vorbei und bald erreichte ich den etwas stärker geneigten Gletscherhang auf Höhe der Südlichen Kühlehnkarschneid. Offensichtlich wollten die beiden Tschechen den Bachfallengletscher ein 2.tes mal besteigen und auch Christa hatte sich entschieden mir zu folgen. Da ich mit Christa vereinbart hatte, lediglich bis zum oberen Plateau des Bachfellenferners auf 3.000 Höhenmeter aufzusteigen, war meine Mission hier beendet. Es war nicht einfach den Verlockungen der Nordosthänge unterhalb des Kühlehnkars zu widerstehen – na ja versprochen ist versprochen. Zwischenzeitlich erreichte mich der erste der beiden Tschechen, der in hohem Tempo zu mir aufgestiegen war. Er zollte mir seine Bewunderung über Christa’s Leistung, „seine Frau wäre nicht annähernd so fit und die wäre sicher viele Jahre jünger als Christa“. Die beiden Tschechen wollte die Genusshänge unterhalb des Kühlehnkars ein 2.tes mal abfahren und machten sich weiter auf ihren Weg.

Oberes Plateau des Bachfallenferners mit Hängen im Kühlehnkar
Oberes Plateau des Bachfallenferners mit Hängen im Kühlehnkar
Die beiden Tschechen auf dem oberen Plateau des Bachfallenferners
Die beiden Tschechen auf dem oberen Plateau des Bachfallenferners

Bald erreichte mich auch Christa. Wir wollten nun zumindest bis auf Höhe der Südlichen Kühlehnkarschneid für eine Brotzeit abfahren. Als wir von unserem Brotzeitplatz aufbrechen wollten, hatte Christa nun zudem Schwierigkeiten ihre Bindung für die Abfahrt zu fixieren. So kam in mir mein schlechtes Gewissen wieder hoch, denn ich war es ja, der ihr zur Pin-Bindung geraten hatte. Zudem waren wir hier in leichtestem Gelände unterwegs und ich wollte nicht daran denken, wie es Christa wohl in dem Steilhang am Winnebacher Weißkogel vom Vortag ergangen wäre. Als Christa ihre Bindung dann doch fixieren konnte, war zwischenzeitlich der Belag meiner Skier mit Eis belegt, so dass ich dieses jeweils mit dem anderen Ski abschaben musste. Irgendwann wann wir tatsächlich zur Abfahrt bereit. Am Bachfallensee begegneten wir noch 5 Skibergsteigern, die an diesem Tag zur Hütte aufgestiegen waren und noch eine kurze Spritztour unternehmen wollten. Von da hatten wir lediglich die Steilstufe unterhalb des Bachfallensees zu überwinden und konnten anschließend gemütlich zur Hütte abfahren.

Hang unterhalb der Südlichen Kühlehnkarschneid
Hang unterhalb der Südlichen Kühlehnkarschneid
Brotzeit am Bachfallenferner - Aufnahme von Christa
Brotzeit am Bachfallenferner – Aufnahme von Christa

Auf der Hütte beglichen wir unsere Rechnung und bedankten uns mit ausgiebigem Trinkgeld beim Hüttenwirt und seinen beiden Mitarbeiter*innen für ihre besondere Gastfreundschaft. Nun packten wir unsere zurück gelassenen Utensilien und machten uns auf die Abfahrt ins Tal. Auf Höhe des Geiernhag hatten wir eine Begegnung mit einem Einheimischen und seinem kleinen Buben. Der Einheimische wollte den Winnebach zur besseren Stromgewinnung vom Eis befreien und dabei sei sein etwa 3-4 Jahre junger Bub in den Bach eingebrochen. Nicht auszudenken, was passieren hätte können! Zum Glück konnte der Vater seinen Buben wohl schnell aus dem eiskalten Wasser befreien. Der kleine Junge selbst wirkte auf uns fast unbeeindruckt. Die beiden machten sich nun auf den Weg zu ihrem Quad, um zügig nach Winnebach hinab zu fahren. Für uns war die Abfahrt kurz darauf beendet und wir mussten die letzten 200 Höhenmeter bis zum Parkplatz unterhalb von Winnebach zu Fuß absteigen. Am Auto angekommen durften wir uns über drei gelungene gemeinsame Skitourentage freuen und machten uns für die Heimfahrt startklar.

Dr. Harald Klein